Phaedrus 5,7

Latein

Princeps Tibicen

(1) Ubi uanus animus aura captus friuola
arripuit insolentem sibi fiduciam,
facile ad derisum stulta leuitas ducitur.
(2) Princeps tibicen notior paulo fuit,
operam Bathyllo solitus in scaena dare.
(3) Is forte ludis, non satis memini quibus,
dum pegma rapitur, concidit casu graui
necopinus et sinistram fregit tibiam,
duas cum dextras maluisset perdere.
(4) Inter manus sublatus et multum gemens
domum refertur.

(5) Aliquot menses transeunt,
ad sanitatem dum uenit curatio.
(6) Ut spectatorum molle est et lepidum genus,
desiderari coepit, cuius flatibus
solebat excitari saltantis uigor.
(7) Erat facturus ludos quidam nobilis.
(8) Is, ut incipiebat Princeps ad baculum ingredi,
perducit pretio precibus ut tantummodo
ipso ludorum ostenderet sese die.
(9) Qui simul aduenit, rumor de tibicine
fremit in theatro: quidam adfirmant mortuum,
quidam in conspectum proditurum sine mora.
(10) Aulaeo misso, deuolutis tonitribus,
di sunt locuti more translaticio.
(11) Tunc chorus ignotum modo reducto canticum
insonuit, cuius haec fuit sententia:
LAETARE INCOLVMIS ROMA SALVO PRINCIPE.
(12) In plausus consurrectum est.

(13) Iactat basia tibicen; gratulari fautores putat.
(14) Equester ordo stultum errorem intellegit
magnoque risu canticum repeti iubet.
(15) Iteratur illud.

(16) Homo meus se in pulpito totum prosternit.

(17) Plaudit inludens eques;
rogare populus hunc choro ueniam aestimat.
(18) Ut uero cuneis notuit res omnibus,
Princeps, ligato crure niuea fascia,
niueisque tunicis, niueis etiam calceis,
superbiens honore diuinae domus,
ab uniuersis capite est protrusus foras.

Deutsch

Princeps, der Flötenspieler
(1) Sobald der eitle Geist durch nichtige Gunst ergriffen worden ist und er sich ein übertriebenes Selbstvertrauen aneignet, wird sein törichter Leichtsinn leicht zum Spott geführt.

(2) Der Flötenspieler Princeps war recht wenig bekannt, weil er es gewohnt war im Theater von Bathyllus sein Können zu zeigen.

(3) Während bei Spielen, ich weiß nicht genau bei welchen, das Gerüst zufällig fortgerissen wird, fiel dieser mit einem schweren Sturz unvermutet hin und brach sich den linken Unterschenkel, obwohl er lieber gewollt hätte, dass seine 2 Hände zugrunde gingen.

(4) Von Händen hochgehoben, wird er unter vielem Stöhnen nach Hause gebracht.

(5) Einige Monate vergehen, während die Behandlung zur Gesundheit führt.

(6) Wie die bequeme und unterhaltsame Art der Zuschauer so ist, fing man an, sich nach ihm zu sehnen, durch dessen Flötenspiel die Tatkraft eines Tänzers angefacht zu werden pflegte.

(7) Ein gewisser edler Herr wollte Spiele geben.

(8) Er bewegt Princeps, weil dieser angefangen hat, am Stock zu gehen, mit Lohn und Bitten, dass er sich lediglich am Tag der Spiele selbst zeigen würde.

(9) Als dieser kam, dröhnt das Gerede über den Flötenspieler im Theater: Einige behaupten, er sei tot, andere, dass er ohne Verzug ins Blickfeld treten werde.

(10) Der Vorhang fiel, Donner grollte und die Götter sprachen nach hergebrachter Sitte.

(11) Darauf gab der Chor einen Gesang wieder, der dem eben Zurückgekehrten unbekannt war, dessen Text dieser war:

"Freue dich, wohlbehaltenes Rom, der Princeps ist unversehrt."

(12) Zum Beifall klatschen erhob man sich.

(13) Der Flötenspieler wirft Küsse; er glaubt, dass seine Anhänger ihm Glück wünschen.

(14) Der Ritterstand bemerkt den törichten Irrtum und ordnet mit großem Gelächter an, dass der Gesang wiederholt wird.

(15) Jener wird wiederholt.

(16) Mein Mann wirft sich jetzt ganz auf die Bühne nieder.

(17) Der Ritterstand klatscht höhnisch Beifall; das Volk schätzt, dass dieser den Chor um Verzeihung bittet.

(18) Als aber die Situation im ganzen Theater bekannt wurde, wurde Princeps, mit seinem mit einer weißen Binde verbundenen Bein, mit seiner weißen Tunika und auch mit seinen weißen Schuhen, sich mit der Ehre des kaiserlichen Hauses brüstend, von allen in der Hauptstadt vor die Tür hinausgeschoben.