Phaedrus 4 Prolog

Latein

Poeta ad Particulonem

(1) Cum destinassem terminum operi statuere,
in hoc ut aliis asset materiae satis,
consilium tacito corde damnaui [meum].
(2) Nam si quis etiam talis est tituli [appetens],
quo pacto diuinabit quidnam omiserim,
ut illud ipse incipiat famae tradere,
sua cuique cum sit animi cogitatio
colorque proprius?

(3) Ergo non leuitas mihi,
sed certa ratio causam scribendi dedit.
(4) Quare, Particulo, quoniam caperis fabulis,
(quas Aesopias, non Aesopi, nomino,
quia paucas ille ostendit, ego plures sero,
usus uetusto genere sed rebus nouis,)
quartum libellum cum uacaris perleges.
(5) Hunc obtrectare si uolet malignitas,
imitari dum non possit, obtrectet licet.
(6) Mihi parta laus est quod tu, quod similes tui
uestra in chartas uerba transfertis mea,
dignumque longa iudicatis memoria.
(7) Inlitteratum plausum nec desidero.

Deutsch

Der Dichter an Particulo 
(1) Obwohl ich beschlossen hatte, meinem Werk ein Ende zu setzen, so dass für andere (Schriftsteller) ausreichend Sachen (über die geschrieben werden können) übrig bleiben würden, verdammte ich in stillem Herzen meine Absicht.

(2) Denn wenn es irgendeinen gibt, der auch eine solche Ehre anstrebt, auf welche Art und Weise wird er vermuten, was ich ausgelassen habe, so dass er selbst beginnen könne, jenes der Geschichte zu überliefern, weil doch jeder seine eigene Vorstellung und seine individuelle Färbung hat?

(3) Also lieferte mir nicht der Leichtsinn, sondern die klare Vernunft einen Grund zum Schreiben.

(4) Weil du, Particulo, ja von Fabeln ergriffen wirst (ich nenne sie äsopisch, nicht Äsops, weil jener wenige darbot; ich erschaffe mehr und gebrauchte die alte Art, aber mit neuen Inhalten), wirst du, wenn du Zeit dafür haben wirst, mein viertes Büchlein durchlesen.

(5) Wenn die Missgunst dieses herabsetzen möchte, mag sie es herabsetzen, solange sie es nicht nachmachen kann.

(6) Mir verschafft es Ruhm, wenn du und deinesgleichen meine Worte in eure Schriften übernehmt und sie einer langen Erinnerung für würdig erachtet.

(7) Ich begehre nicht den Beifall der Ungelehrten.