Phaedrus 4,2

Latein

Poeta

(1) Ioculare tibi uidemur: et sane leui,
dum nil habemus maius, calamo ludimus.
(2) Sed diligenter intuere has nenias;
quantum in pusillis utilitatem reperies!
(3) Non semper ea sunt quae uidentur: decipit
frons prima multos, rara mens intellegit
quod interiore condidit cura angulo.
(4) Hoc ne locutus sine mercede existimer,
fabellam adiciam de mustela et muribus.
(5) Mustela, cum annis et senecta debilis
mures ueloces non ualeret adsequi,
inuoluit se farina et obscuro loco
abiecit neclegenter.

(6) Mus, escam putans,
adsiluit et comprensus occubuit neci;
alter similiter, deinde perit et tertius.
(7) Post aliquot uenit saeculis retorridus,
qui saepe laqueos et muscipula effugerat;
proculque insidias cernens hostis callidi,
(8) "Sic ualeas," inquit, "ut farina es, quae iaces!"

Deutsch

Der Dichter
(1) Für dich scheine ich zu scherzen: Doch wir müssen nur kleine Sachendichten, da wir keine größeren haben.

(2) Aber betrachte diese Gedichte sorgfältig; welch großen Nutzen wirst du in den kleinen Dingen finden!

(3) Sie sind nicht immer das, was sie zu sein scheinen: Viele zwar täuscht der erste, der Geist erkennt selten, was die Sorgfalt im geheimen Winkel verborgen hat.

(4) Damit ich nicht als einer gehalten werde, der dies ohne Lohn gesagt hat, werde ich der Fabel über das Wiesel und die Mäuse beifügen. 
(5) Weil ein Wiesel, geschwächt von Jahren und Alter, nicht imstande war, schnelle Mäuse zu fassen, hüllte es sich mit Mehl ein und warf sich achtlos an einem dunklen Ort hin.

(6) Es für Essen haltend, sprang eine Maus heran, wurde gepackt und ging in den Tod; ähnlich starb eine andere, darauf auch eine dritte.

(7) Nach einigen kam eine vom Alter gerissene, die oft den Schlingen und Mausefallen entflohen war; und von weitem sah sie den Hinterhalt des schlauen Feindes und sagte:

(8) „Es möge dir so wohl gehen, die du da liegst, wie du Mehl bist!“