Phaedrus 3 Epilog

Latein

(1) Supersunt mihi quae scribam, sed parco sciens:
primum, esse uidear ne tibi molestior,
distringit quem multarum rerum uarietas;
dein, si quis eadem forte conari uelit,
habere ut possit aliquid operis residui;
quamuis materiae tanta abundet copia,
labori faber ut desit, non fabro labor.
(2) Breuitatis nostrae praemium ut reddas peto
quod es pollicitus; exhibe uocis fidem.
(3) Nam uita morti propior est cotidie;
et hoc minus redibit ad me muneris,
quo plus consumet temporis dilatio.
(4) Si cito rem perages, usus fiet longior;
fruar diutius si celerius coepero.
(5) Languentis aeui dum sunt aliquae reliquiae,
auxilio locus est:

olim senio debilem
frustra adiuuare bonitas nitetur tua,
cum iam desierit esse beneficio utilis,
et Mors uicina flagitabit debitum.
(6) Stultum admouere tibi preces existimo,
procliuis ultro cum sis misericordiae.
(7) Saepe impetrauit ueniam confessus reus:
quanto innocenti iustius debet dari?
(8) Tuae sunt partes; fuerunt aliorum prius;
dein simili gyro uenient aliorum uices.
(9) Decerne quod religio, quod patitur fides,
ut gratuler me stare iudicio tuo.
(10) Excedit animus quem proposui terminum,
sed difficulter continetur spiritus,
integritatis qui sincerae conscius
a noxiorum premitur insolentiis.
(11) Qui sint, requiris.

(12) Apparebunt tempore.
(13) Ego, quondam legi quam puer sententiam
"Palam muttire plebeio piaculum est,"
dum sanitas constabit, pulchre meminero.

Deutsch

(1) Für mich sind reichlich Dinge vorhanden, über die ich schreiben könnte, aber ich spare sie wissentlich auf: Zuerst, damit ich dir nicht zu lästig bin, den die Verschiedenheit der vielen Dinge zerstreut; dann, dass, falls irgendwer zufällig dasselbe versuchen will, er irgendetwas an übriger Arbeit haben kann, auch wenn eine so große Fülle an Stoff im Überfluss vorhanden ist, dass der Künstler der Arbeit fehlt, nicht die Arbeit für den Künstler.

(2) Ich bitte darum, dass du den Lohn für meine Künste zahlst, den du versprochen hast; beweise die Glaubwürdigkeit deiner Stimme;

(3) denn das Leben kommt dem Tod täglich näher; und je mehr Zeit eine Verzögerung verbraucht, um soviel weniger Gunst wird zu mir zurückkommen.

(4) Wenn du die Sache schnell ausführen wirst, wird der Nutzen länger sein; ich werde es länger genießen, wenn ich rascher anfange. (5) Solange noch etwas vom schlaff werdenden Alter übrig ist, ist für Hilfe noch Platz:

Dereinst wird deine Güte sich vergeblich darum bemühen, dem durch das Greisenalter schwachen Mann zu helfen, weil die Wohltat bereits aufhört, nützlich zu sein, und der nahe Tod seine Schuld fordern wird. (6) Bitten an dich heranzutragen, halte ich für dumm, weil du freiwillig der Barmherzigkeit zugetan bist.

(7) Oft erwirkte ein Angeklagter Nachsicht, der gestanden hatte: Um wieviel mehr sollte sie einen Unschuldigen gewährt werden?

(8) Es sind deine Aufgaben; früher waren es die von anderen; dann wird in einem ähnlichen Kreislauf die Zeit anderer kommen.

(9) Entscheide, was dein Gewissen und deine Überzeugung gestatten, so dass ich freudig dafür danke, dass ich mich durch dein Urteil behaupte.

(10) Mein Geist überschreitet die Grenze, die ich beschlossen habe, aber er wird nur schwer im Zaum gehalten, der, sich seiner aufrichtigen Unbescholtenheit bewusst, vom Übermut der Schuldigen bedrängt wird.

(11) Du fragst, wer diese sind.

(12) Sie werden mit der Zeit zum Vorschein kommen.

(13) Ich werde mich an den Satz, den ich einst als Junge gelesen habe, erinnern, solange meine Gesundheit fortbestehen wird: „Es ist für einen Plebejer eine Sünde, öffentlich zu mucksen."