Phaedrus 1,2

Latein

Ranae Regem Petunt

(1) Athenae cum florerent aequis legibus,
procax libertas civitatem miscuit,
frenumque solvit pristinum licentia.
(2) Hic conspiratis factionum partibus
arcem tyrannus occupat Pisistratus.
(3) Cum tristem servitutem flerent Attici,
non quia crudelis ille, sed quoniam grave
omne insuetis onus, et coepissent queri,
Aesopus talem tum fabellam rettulit.
(4) 'Ranae, vagantes liberis paludibus,
clamore magno regem petiere ab Iove,
qui dissolutos mores vi compesceret.
(5) Pater deorum risit atque illis dedit
parvum tigillum, missum quod subito vadi
motu sonoque terruit pavidum genus.
(6) Hoc mersum limo cum iaceret diutius,
forte una tacite profert e stagno caput,
et explorato rege cunctas evocat.
(7) Illae timore posito certatim adnatant,
lignumque supra turba petulans insilit.
(8) Quod cum inquinassent omni contumelia,
alium rogantes regem misere ad Iovem,
inutilis quoniam esset qui fuerat datus.
(9) Tum misit illis hydrum, qui dente aspero
corripere coepit singulas.

(10) Frustra necem fugitant inertes; vocem praecludit metus.
(11) Furtim igitur dant Mercurio mandata ad Iovem,
adflictis ut succurrat.

(12) Tunc contra Tonans "Quia noluistis vestrum ferre" inquit "bonum,
malum perferte".

(13) "Vos quoque, o cives," ait
"hoc sustinete, maius ne veniat, malum"".

Deutsch

Die Frösche erbitten einen König 
(1) Als Athen gerechte Gesetzte besaß, verwirrte unverschämter Freimut die Bürgerschaft, und die Zügellosigkeit schwächte den alten Zügel (die alte Regierung).

(2) Nachdem sich hier die Parteien verschworen haben, bemächtigt sich Peisistratos der Burg als Tyrann.

(3) Als die Athener die unheilvolle Knechtschaft beweinten, nicht weil jener grausam war, sondern weil die ganze Bürde den daran nicht Gewöhnten drückend war und sie angefangen hatten zu klagen, berichtete Aesop damals eine solche Fabel:

(4) „In freien Sümpfen zogen die Frösche umher und erbaten mit großen Geschrei von Jupiter einen König, der die ungezügelten Bräuche mit Gewalt unterdrücken soll.

(5) Der Vater der Götter lachte und gab jenen einen kleinen Balken, der plötzlich geschleudert wurde, und durch die Bewegung und den Klang des Wasser erschreckte sich die ängstliche Gattung.

(6) Als dieser im Schlamm versunken ist und längere Zeit herumlag, streckt zufällig ein einziger sein Haupt still aus den Sumpf, und nachdem er den König erforscht hat, ruft er alle herbei.

(7) Nachdem die Furcht abgelegt wurde, schwimmen jene um die Wette heran, die ausgelassene Menge springt auf das Holz.

(8) Als sie dieses mit jeder Schande verunreinigt hatten, schickten sie zu Jupiter das Gesuch um einen anderen König, weil der, der gegeben worden war, ja unbrauchbar sei.

(9) Darauf schickte er jenen eine Wasserschlange, die mit scharfem Zahn die einzelnen zu packen begann.

(10) Vergeblich vermeiden die Trägen den Tod; die Furcht verschließt die Stimme.

(11) Also geben sie heimlich Merkur Weisungen für Jupiter, dass er den Bedrängten zu Hilfe eile.

(12) Donnernd sagte er dann dagegen: „Weil ihr euer Glück nicht ertragen wolltet, erduldet das Unglück.“

(13) „Auch ihr, o Bürger,“, sagte er, „ertragt dieses Unglück, dass kein größeres komme."