Io 2

Latein

(1) Talia dicturus vidit Cyllenius omnes
subcubuisse oculos adopertaque lumina somno;
supprimit extemplo vocem firmatque soporem               715
languida permulcens medicata lumina virga.
(2) Nec mora, falcato nutantem vulnerat ense,
qua collo est confine caput, saxoque cruentum
deicit et maculat praeruptam sanguine rupem.
(3) Arge, iaces, quodque in tot lumina lumen habebas,               720
exstinctum est, centumque oculos nox occupat una.
     

(4) Excipit hos volucrisque suae Saturnia pennis
collocat et gemmis caudam stellantibus inplet.
(5) Protinus exarsit nec tempora distulit irae
horriferamque oculis animoque obiecit Erinyn               725
paelicis Argolicae stimulosque in pectore caecos
condidit et profugam per totum exercuit orbem.
(6) Ultimus inmenso restabas, Nile, labori;
quem simulac tetigit, positisque in margine ripae
procubuit genibus resupinoque ardua collo,               730
quos potuit solos, tollens ad sidera vultus
et gemitu et lacrimis et luctisono mugitu
cum Iove visa queri finemque orare malorum.
(7) Coniugis ille suae conplexus colla lacertis,
finiat ut poenas tandem, rogat „in“ que „futurum               735
pone metus“ inquit: „numquam tibi causa doloris
haec erit,“ et Stygias iubet hoc audire paludes.
     

(8) Ut lenita dea est, vultus capit illa priores
fitque, quod ante fuit: fugiunt e corpore saetae,
cornua decrescunt, fit luminis artior orbis,               740
contrahitur rictus, redeunt umerique manusque,
ungulaque in quinos dilapsa absumitur ungues:
de bove nil superest formae nisi candor in illa.
(9) Officioque pedum nymphe contenta duorum
erigitur metuitque loqui, ne more iuvencae               745
mugiat, et timide verba intermissa retemptat.
     

(10) Nunc dea linigera colitur celeberrima turba.
(11) Huic Epaphus magni genitus de semine tandem
creditur esse Iovis perque urbes iuncta parenti

Deutsch

(1) Als er solches erzählen wollte, sah Merkur, dass alle Augen zugefallen und die Augen vom Schlaf bedeckt waren; augenblicklich unterdrückt er seine Stimme und festigt den Schlaf, indem er mit dem Zauberstab die müden Augen sanft berührt.

(2) Ohne Verzug hatte er den Nickenden mit sichelförmiger Klinge verwundet, wo der Kopf an den Hals grenzt, und blutend stößt er ihn vom Felsen und besudelt die jähe Felswand mit seinem Blute.

(3) Argus, du liegst danieder, und das Licht, das du in so vielen Augen hattest, ist erloschen, und eine einzige Nacht bedeckt die 100 Augen. (4) Saturnia nimmt diese auf, platziert sie an den Federn ihres Vogels und sie füllt den Schweif mit schimmernden Edelsteinen.

(5) Sofort entbrannte sie, verschob nicht die Zeit des Zornes, setzte der Geliebten aus Argolis die schauderhafte Erinys vor Augen und in ihr Bewusstsein, verbarg verborgene Stacheln in ihrer Brust und plagte die Fliehende durch die ganze Welt.

(6) Nil, du bliebst für die unermessliche Mühe als letzter übrig; sobald sie ihn erreichte, sank sie nieder, indem sie ihre Knie auf den Uferrand legte, hob mit zurückgebogenem Halse ihr Gesicht, allein das konnte sie noch, ihr Antlitz zu den Sternen; sie schien mit einem Seufzen, mit Tränen und einem kläglichen Muhen sich bei Jupiter zu beklagen und um ein Ende der Leiden zu bitten.

(7) Nachdem jener mit den Armen den Hals seiner Gemahlin umarmt hat, bittet er sie, dass sie die Strafe endlich aufheben möge, und sagt: „Lege für die Zukunft deine Angst ab, niemals wird dir diese ein Grund des Schmerzes sein.“ und er befiehlt dem Wasser des Styx, dies zu hören.

(8) Sobald die Göttin besänftigt ist, nimmt jene ihr früheres Aussehen an und wird, was sie vorher war: Die Borsten entfliehen ihrem Körper, die Hörner werden kleiner, das Rund des Auges wird enger, das Maul wird zusammengezogen, Schultern und Hände kehren zurück und der in je 5 Nägel auseinandergehende Huf vergeht: Von der Kuh ist in jener nichts übrig außer der Glanz der Schönheit.

(9) Die Nymphe, die zufrieden mit dem Dienst zweier Füße ist, erhebt sich und fürchtet sich zu sprechen, dass sie nach Sitte einer jungen Kuh muhe, und versucht nach der Unterbrechung furchtsam wieder Worte.

(10) Nun wird sie von einer weit verbreiteten und mit Leinen bekleideten Schar verehrt.

(11) Man glaubt diesem endlich, dass Epaphus vom Samen des großen Jupiter erzeugt wurde, und er besitzt in den Städten neben seiner Mutter Tempel.